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Goethes "Wanderjahre" sind der Roman der abwesenden Mütter, der unvollständigen Familien, der Vater-Sohn-Beziehung, der Allmacht der Ökonomie und der Utopiekritik. Eine vorwiegend männlich dominierte Rezeptionstradition neigte bis vor wenigen Jahren dazu, in den programmatischen Sätzen der Rahmen-Erzieher die Norm und in den Erzähleinlagen den Normbruch zu sehen. Goethe selbst sah sein heterogenstes Prosagebilde als "Aggregat", als lebendiges Fließgleichgewicht gegeneinander verschiebbarer Teile. Vor dem Hintergrund dieser Gattungsbezeichnung gibt die vorliegende Studie den Erzähleinlagen ihren narratologischen, anthropologischen und sozialhistorischen Eigenwert zurück. Dabei verschiebt sie den Fokus von den sozialpolitischen Programmen auf jene Bereiche, die beim Versuch, Utopien konkret werden zu lassen, auf der Strecke bleiben: das Glücksverlangen des einzelnen, Veränderungen im kulturell codierten Verhältnis der Geschlechter, ihrer gegenseitigen Wahrnehmung, der Ehe und der Familienstruktur. | ||||