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Senecas philosophische Schriften, speziell die Kleinen Dialoge, vermitteln nicht in strenger Systematik ein bestimmtes Lehrgebäude, sondern führen bald lehrhaft, bald im Plauderton, bald pathetisch, bald ironisch an Einzelprobleme heran, die auch die Menschen des 20. Jahrhunderts noch bewegen. Dies ist ein Grund, diese Texte zu lesen; der andere aber ist, daß die Antworten auf existentielle Fragen kein unfehlbarer, der Welt entrückter Heiliger gibt, sondern ein Mensch mit all seinen Widersprüchen. Und wie er sie gibt! Seneca pflegt einen höchst eigenwilligen Stil, der rhetorische Raffinesse mit der Freude am Drastischen vermengt und den Schriften eine schillernde Farbigkeit gibt. Er wechselt geschickt zwischen lauten und leisen Tönen, rüttelt da energisch auf, regt dort zum Nachdenken an, läßt hochpathetische und saloppe Partien hart aneinanderstoßen und verfügt über eine Wandlungsfähigkeit, die jeden mitreißt. Eindringlichkeit, Wiederholung, neue Blickpunkte gehören zum Wesen der belehrenden Rede, und wenn der Redner mit solcher Kennerschaft wie Seneca dem an sich hörenswerten Gegenstand immer neue Glanzlichter aufsetzt, wird er jeden fesseln, der nicht die Augen verschließt vor dem intellektuellen Feuerwerk, das vor ihm abbrennt. Mit dieser seit langem erstmalig wieder vollständigen zweisprachigen Edition der „Kleinen Dialoge" schließt Gerhard Fink eine schmerzlich empfundene Lücke für alle Freunde antiker Literatur und Philosophie. ÜBERSICHT ÜBER DIE BEIDEN BÄNDE BAND I De Providentia - Die Vorsehung / De constantia sapientis -Die Unerschütterlichkeit des Weisen / De ira - Der Zorn / Ad Marciam de consolatione - Trostschrift für Marcia. BAND II De vita beata - Das glückliche Leben / De otio - Die Zurückgezogenheit / De tranquillitate animi - Die Ruhe der Seele / De brevitate vitae - Die Kürze des Lebens / Ad Polybium de consolatione — Trostschrift für Polybius / Ad Helviam matrem de consolatione - Trostschrift für Mutter Helvia. | ||||